Der Name ist Programm: Die Turbine ist auf maximalen Schub ausgelegt. Fühlt sich die Tragfläche eher nach quirligem F16 Kampfjet oder monströsem A380 an?
Slingshots Turbine hat sich einen Ruf als brachiale Zugmaschine für die Fast-Flautentage erarbeitet. Dafür braucht sie ein steifes Gerüst. Die Hybrid-Kappe aus Open-C und Delta-Elementen wird von fünf Querstruts gestützt, wobei das äußere Strut-Pärchen sehr weit außen im Tip positioniert wurde und mit einem vergleichsweite winzigen Durchmesser ausgestattet ist. Am Himmel lässt sich die Turbine dadurch kaum von den Drei-Strut-Kites unterscheiden. Nur die weit geöffnete Kappe ist charakteristisch und lässt sehr viel projizierte Fläche erahnen – ein guter Indikater für satte Leistung. Wir wollten herausfinden, wieviel Schubkraft in der Turbine steckt und haben sie bei unter zehn Knoten über die Orther Reede gescheucht.
Flug / Drehverhalten:
Das Profil ist eins der stabilsten im Testfeld. Der Kite zeigt sich gänzlich unbeeindruckt von bockigen Windbedingungen und liefert aus jeder Lage heraus Vortrieb, der sich gut mit der Depower regulieren lässt. Beim Drehen ist eine leichte Tendenz zum Tellern feststellbar. Aber der Kite ist ohnehin klar für das Fahren in geparkter Position vorgesehen und muss nicht in hektischen Sinuskurven bewegt werden.
Bargefühl:
Steht das Profil unter Druck, geben die Leinen eine direkte Rückmeldung an die Bar weiter. In engeren Kurven und beim stark unterpowerten Fliegen wird das Feeling jedoch leicht schwammig. Wenn man sich daran gewöhnt hat, lässt sich die Position des Kites exakt erfühlen. Ansonsten funktioniert die Bar so simpel wie der Gashebel im Flugzeug.
Lowend:
Bei einer Sache waren sich alle Tester sofort einig: Kein Kite im Testfeld zieht so stark wie die Turbine. Das Ding ist ein Tier. Sobald die Kappe angeströmt wird, denkt der Pilot unweigerlich an ein Rolls Royce Triebwerk unter einem Boingflügel. Lenkt man die Turbine aggressiv nach unten und zieht die Bar zu sich, erinnert man sich an den Moment im Ferienflieger, wenn der Pilot auf die Startbahn rollt und den Schubhebel nach vorne knallt. Drei, zwei, eins – Vollgas. Der Kite zieht zwar stärker als alle Kontrahenten im Test, doch muss er seine unbändige Kraft mit einer gehörigen Portion Trägheit bezahlen. Klingt logisch, ist es auch: Der Stärkste im Test ist auch der Langsamste. Das Gute hierbei: Die Turbine muss man nicht unbedingt in Sinuskurven zwingen, denn wer sensibel mit der Brettkante umgehen kann, kann den Slingshot vor sich stellen und fährt der Konkurrenz davon.
Höhelaufen bei zehn Knoten:
Bei so viel Kraft zieht natürlich einiges nach Lee, so viel ist sicher. Wer jetzt einen langen, harten Kampf von Oberschenkel gegen Schirmposition vermutet, ist auf dem Holzweg. Höhelaufen mit der Turbine geht nicht nur bei müden zehn Knötchen ohne großen Aufwand, sondern auch bei deutlich mehr. Am untersten Windlimit beschleunigt der Slingshot als erster den Kiter auf brauchbares Tempo und zieht der Konkurrenz davon. Dieser Vorsprung schwindet, wenn nur ein paar Knoten hinzukommen und das Trio von Cabrinha, Core und North die Gleitgrenze überschreitet. Die drei schaffen es, einen besseren Winkel am Wind bereitzustellen.
Kontrolle bei Überpower:
Klettert die Nadel des Windmessers nach oben, braucht es einen kühlen Kopf an der Bar. Die effizient arbeitende Depower schluckt einen beachtlichen Teil der überschüssigen Kraft, doch der Rest muss mit der Brettkante und Muskelschmalz abgeleitet werden. Hierbei reagiert das riesige Triebwerk mit etwas Verzögerung. Hat man den Kite an den Rand des Windfensters gezwungen, ist er recht einfach dort zu halten – solange die Beine die nötigen Kraftreserven bereitstellen.
Springen:
Beim Absprung braucht es einen ganzen Kerl, um den Kite hinter den Zenit zu schicken und dabei nicht vorschnell von der Kante gepflückt zu werden. Wer den Absprung trifft, wird mit sattem Lift und der besten Hangtime im Testfeld belohnt. Hier kommt zuerst Fahrstuhl- und dann Segelflugfeeling auf.
Relaunch im Lowend:
Die beiden winzigen Außenstruts halten dem Slingshot die Ohren offen, so dass er sich leicht aus dem Wasser bewegen lässt. Die große, sehr rund geschnittene Fronttube fungiert als gute Drehhilfe. Wenn die Turbine nicht mehr relauncht, dann kann man getrost die Leinen aufrollen: Bleibt der Kite im Wasser, ist eh kein Wind mehr.
Fazit:
Nomen est Omen: Wer einen Kite Turbine tauft, sollte auch ein waschechtes Triebwerk abliefern – und genau das hat Slingshot getan. Die Turbine ist der stärkste Siebzehner im Test. Kein Kite entwickelt so früh so viel Zug. Und kein anderer bietet dieselbe Hangtime. Dabei ist die Turbine nicht so brachial, dass unerfahrene Kiter im Leichtwindbereich von der immensen Kraft überfordert werden. Allerdings sollte man mit einem Auge die Wasseroberfläche im Blick behalten. Frischt der Wind auf, verlangt die Turbine im Zaum gehalten zu werden und dafür benötigt man Kraft – oder ein höheres Lebendgewicht. Gerade Kiter, die die 90-Kilo-Marke knacken, sind an der Turbine gut aufgehoben. Ein Großsegler mit A380-Triebwerk, der auf kürzester Startbahn auf Touren kommt.
Grössen / Preise
Bar / Preise
Compstick Guardian / Sentinel Bar: 489 EUR
Gut / Weniger Gut
- Lowend
- Hangtime
- Unhooked-Performance
- Handling bei Überpower
Flugeigenschaften
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