Mit gerade einmal 25 Jahren hat der Hawaiianer bereits eine Trophäensammlung im Schrank, die andere Pros in ihrer ganzen Karriere nicht zusammen bekommen: Zweifacher Weltmeister (2008 und 2009), Sieger beim King of the Air 2013 (2. Platz 2016), zweifacher AWSI Kiteboarder of the Year und der erste Kiter, der in Jaws in einer Barrel gesurft ist – um nur die wichtigsten zu nennen. Derzeit hat Jesse Richman seine Contest-Ambitionen auf Eis gelegt und konzentriert sich lieber aufs Big-Wave-Kiten - und hat bereits das Monster Nazaré, die größte Welle Europas, bezwungen. Kann dieser Mann eigentlich auch irgendwas auf normalem Niveau machen?
Hey Jesse! Froh, noch am Leben zu sein?
Absolut! Jeder Tag ist fantastisch und ich könnte zurzeit nicht glücklicher sein!
Wie hoch steigt der Adrenalinspiegel, wenn man zum ersten Mal in eine Welle in Nazaré droppt? Und gab es danach einen Moment, in dem Du Dir gedacht hast: „Uff, das war knapp?“
Nazaré zu kiten war eine wirklich aufregende Erfahrung für mich. Ich habe mein Leben lang für Sessions wie diese trainiert. Aber wenn du wirklich dort draußen bist, dann ist plötzlich alles ganz anders. Meine erste Welle war krass, weil ich beim Bottom-Turn gestürzt bin und es nur haarscharf geschafft habe, das Board an den Füßen zu behalten, den Kite nicht zu droppen und mich da irgendwie herausmanövrieren konnte. Aber danach habe ich mich schnell berappelt und meinen Flow wiedergefunden. Das Risiko in solch gewaltigen Bedingungen darf man nicht unterschätzen. Da waren einige Momente dabei, in denen ich es wohl nicht mehr herausgeschafft hätte, wenn ich gestürzt wäre. Es lässt sich schwer beschreiben, aber irgendwie hat man einfach keine andere Option, als sich voll auf den Moment zu konzentrieren, und dann klappt es. Würde ich aber in eine Welle droppen und dabei ein komisches Gefühl haben, würde ich zurückziehen. Das habe ich ein paar Mal gemacht, als ich glaubte, dass da etwas nicht passt. Nicht weil ich Angst hatte, sondern vielmehr, weil ich fühlte, dass das einfach nicht meine Welle ist. Die Wellen, die ich an diesem Tag geritten bin, waren schon irgendwie furchterregend. Aber als ich sie gesehen habe, wusste ich, dass ich sie bezwingen kann. Das ist dann der Moment, in dem du plötzlich den Kopf frei hast, eindroppen kannst, und dann ist wirklich Rock´n´Roll angesagt
Was ist extremer: Vom Burj alArab zu springen und den King of the Air zu gewinnen wie dein Kumpel Nick Jacobsen oder Nazaré zu kiten? Oder anders gefragt: Gäbe es einen Award für den „extremsten Kiter des Jahres“, wer hätte ihn 2017 verdient? Du, Nick oder jemand ganz anderes?
Gute Frage, Big Air und Big Wave – beides ist irgendwie ziemlich wild. Von diesem Hotel zu springen war eine krasse Aktion, aber Nazaré war für mich eine genauso umwerfende Erfahrung. Ich würde uns beiden einen Award geben (lacht). Ehrlich gesagt: Jeder Kiter da draußen, der für sich fährt und nicht für andere, ist jemand, den ich bewundere.
Was ist so faszinierend am Big-Wave-Kiten? Das sieht natürlich alles extrem beeindruckend aus. Aber wenn man mal ganz ehrlich ist, gibt es doch Wellen, die deutlich mehr Spaß machen. Oder?
Jede Welle ist unterschiedlich. Das ist ja das Schöne daran. Ich fi nde es geil, Wellen mit einer Höhe von einem oder auch 100 Fuß zu surfen. Das ist einfach ein unterschiedlicher Style und du musst dich jedes Mal wieder gedanklich neu darauf einstellen. Das Potenzial ist einfach endlos. Kleine Wellen sind fantastisch, da man darin so viele verrückte Dinge veranstalten kann. Große Wellen sind eben aufregender, weil sie so eine Urgewalt entwickeln können. Ich versuche immer, die Manöver, die ich in kleinen Wellen mache, auch in großen Wellen umzusetzen. Aber ich bin auch nie enttäuscht, wenn es mal nur kleine oder mittlere Wellen hat. Ich freue mich tatsächlich über jede Session.
Die Tage in Nazaré, an denen die Bedingungen überhaupt passen, sind relativ selten. Was muss zusammen kommen, damit man dort überhaupt kiten kann und wie lange musstest Du auf diesen Tag warten?
Ich habe den Forecast für Nazaré viele Jahre über beobachtet. Jason Polakow war dort vor ein paar Jahren schon windsurfen, und ich wollte eigentlich den gleichen Swell erwischen wie er. Aber der Wind war damals super schwach und dazu auch noch sauböig. Der Tag, an dem ich nun dort draußen war, war einer der windigsten Tage, gepaart mit riesigem Swell seit sehr langer Zeit. Und man braucht starken Wind, um dort überhaupt eine Chance zu haben. Keine Ahnung, wann jemals wieder so ein Tag kommen wird. Aber wenn es soweit sein sollte, bin ich defi nitiv bereit.
Kann man Wellen wie Nazaré eigentlich trainieren? Oder verlässt Du Dich da rein auf Deine Erfahrung?
Solche Wellen zu kiten ist wirklich eine Herausforderung. Aber man kann so etwas tatsächlich trainieren. Du musst dich zunächst mal zu 100 Prozent auf dein Material verlassen können und ein gutes Gespür dafür entwickeln. Ich kite eigentlich ständig und versuche häufi g, dabei im Kabbelwasser einfach so stark wie möglich zu beschleunigen. Damit kann ich den Drop-In in eine große Welle simulieren. Und dann musst du dich natürlich in großen Wellen wohlfühlen. Dafür gehe ich recht viel surfen, bodysurfen, kiten oder fahre manchmal auch nur mit dem Jetski auf dem Ozean umher. Das mache ich, um den Ozean besser lesen zu lernen. Du kannst Mutter Natur nicht bekämpfen. Du musst vielmehr einen Weg fi nden, sie zu nutzen. Und schlussendlich hilft es, wenn man das Luft anhalten trainiert. Wenn du crashst, dann solltest Du darauf gefasst sein, für eine sehr lange Zeit den Atem anhalten zu können.
Sprechen wir mal übers Material: Benutzt Du bei solchen Aktionen Serien-Kites und -Boards oder sind das Spezialanfertigungen?
Ich nutze immer meine Serien-Kites. Der Naish Pivot ist dafür mein absoluter Favorit und macht eigentlich immer genau das, was ich von ihm verlange. Den fl iege ich mit 24 Meter langen Leinen. Beim Board ist das etwas anders. Da nutze ich eine Sonderanfertigung, die ich zusammen mit Robby Naish entwickelt habe. Das Ding ist einfach für extrem hohe Geschwindigkeiten gemacht. Normalerweise würde ich das nicht nutzen, aber bei Wellen ab 40 Fuß brauche ich es defi nitiv. Sonst fahre ich ein Naish Global 5´8 in so ziemlich allen Bedingungen. Robby und ich haben daher das Global genommen und so modifi ziert, dass es schwerer wird und sich bei diesen mörderischen Geschwindigkeiten noch einsetzen lässt. In allen Big Waves auf diesem Planeten wirst du Boards sehen, die genau für diese eine Welle gemacht sind. Die Tow-Boards für Nazaré wiegen zwischen 13 und 18 Kilogramm. Es ist immer spannend zu sehen, wie unterschiedlich das Material an den verschiedenen Spots ist. Ich neige allerdings dazu, mich und meinen Stil sehr an mein Material anzupassen. Also will ich im Idealfall die ganze Zeit etwas fahren, das sich möglichst gleich anfühlt, um mich möglichst wenig umstellen zu müssen. Deshalb fahre ich fast immer das Global. Mit dem Shape komme ich einfach gut zurecht, und ich weiß genau, wie es funktioniert und was es macht. Und wenn die Bedingungen riesig werden, dann muss ich eben das Gewicht des Boards erhöhen, damit es dasselbe Feeling behält.
Du warst in Nazaré zusammen mit Nuno „Stru“ Figueiredo auf dem Wasser. Er ist der erste Kiter, der jemals Nazaré gekitet ist. Gab es da irgendeine Rivalität zwischen Euch? Oder sagt man sich da eher: „Hey, lass uns zusammen rausgehen und beide versuchen, dabei nicht draufzugehen?“
Wenn die Wellen so groß werden, dann ändert sich das ganze Spielchen etwas. Wir sind keine Konkurrenten. Wir sind dann eher wie Brüder. Es klingt zwar etwas pathetisch, aber es geht dort buchstäblich um Leben oder Tod. Also wäre es töricht, in dem Moment gegeneinander zu konkurrieren. Wir entwickeln uns weiter, in dem wir uns gegenseitig unterstützen und zusammenarbeiten. Wir wollen beide da heile wieder herauskommen und gesund zu unseren Familien heimfahren. Nuno hat da draußen definitiv Großartiges abgeliefert.
Du warst schon in Jaws, Teahupoo und nun in Nazaré kiten. Welche Welle war bisher die extremste für Dich, und hast Du noch weitere Big Waves auf Deiner To-Do-Liste?
Da gibt es wirklich noch so viele Wellen. Jaws ist schon meine Lieblingswelle, weil da noch so viel Raum für Progression ist. Es hat schon einen Grund, warum sie als beste Big Wave der Welt gehandelt wird. Aber ich würde demnächst gern ein paar von den verrückten Slab Waves in Australien surfen.
Ziemlich viele Kiter haben sich dem etwas überstrapazierten Motto „Pushing the limits“ verschrieben. Wann kommt Kitesurfen an den Punkt, an dem es einfach nicht mehr krasser geht? Und wann wird das Risiko so unkalkulierbar hoch, dass man es nicht mehr unter Kontrolle hat?
Nenn mir einen Sport, der sich nicht ständig weiterentwickelt hat! Mir fällt keiner ein. Das liegt darin, dass wir immer in irgendeiner Form besser werden. Oder schneller, stärker, klüger – wir erreichen eben immer neue Höhen. Ich glaube vielmehr, dass Kiten da noch in den Kinderschuhen steckt. Wir überqueren gerade mal die Startlinie.
Was glaubst Du, wie wird sich Big-Wave-Surfen in den nächsten Jahren entwickeln? Wird das ein richtiger Trend unter Kitern, so dass bald noch mehr Kiter auf Monsterjagd wie Du gehen?
Ich habe schon so viele Sessions erlebt, in denen es so verdammt einfach war, mit Hilfe eine Kites in eine große Welle zu kommen. Ich bezweifele, dass auch nur ein Surfer (Wellenreiter; Red.) so viele Wellen in Nazaré bekommen hat, wie ich in diesen zwei Stunden. Kites sind einfach magisch, und wenn man sie richtig benutzt, machen sie unglaublich viel Spaß, um damit zu surfen. Das wird defi nitiv noch populärer werden.
Wann und warum hast Du Dich dazu entschlossen, dass Du Deine Kite-Karriere auf das Big-Wave-Kiten fokussieren willst?
Ich war schon immer von diesen Monster-Wellen fasziniert, aber in den letzten Jahren ist mein Selbstbewusstsein größer geworden. Ich habe mehr Erfahrung und Training und kann jetzt andere Dinge realisieren als noch vor ein paar Jahren. Viele Kiter, Surfer aber auch andere Sportler von ganz anderen Sportarten inspirieren mich. Es geht gar nicht so sehr darum, was du machst, sondern wie du es machst. Leute, die Probleme mit Kreativität lösen,
inspirieren mich zum Beispiel. Oder Kiter, die einen kreativen neuen Zugang zu Dingen entwickeln, die vielleicht schon ganz viele andere vorher gemacht haben.
Gibt es Kiter oder Surfer, zu denen Du als eine Art Idol aufblickst oder wer hat Dich dazu inspiriert?
Es gibt ganz viele da draußen, aber um ein paar zu nennen: Patri Mclaughlin, Niccolo Porcella, Kai Lenny, Albee Layer, Kelly Slater, Travis Pastrana und die Moore Brothers.
Was glaubst Du, wie wird sich Big-Wave-Surfen in den nächsten Jahren entwickeln? Wird das ein richtiger Trend unter Kitern, so dass bald noch mehr Kiter auf Monsterjagd wie Du gehen?
Ich habe schon so viele Sessions erlebt, in denen es so verdammt einfach war, mit Hilfe eines Kites in eine große Welle zu kommen. Ich bezweifele, dass auch nur ein Surfer (Wellenreiter; Red.) so viele Wellen in Nazaré bekommen hat, wie ich in diesen zwei Stunden. Kites sind einfach magisch, und wenn man sie richtig benutzt, machen sie unglaublich viel Spaß, um damit zu surfen. Das wird defi nitiv noch populärer werden.
Wann und warum hast Du Dich dazu entschlossen, dass Du Deine Kite-Karriere auf das Big-Wave-Kiten fokussieren willst?
Ich war schon immer von diesen Monster-Wellen fasziniert, aber in den letzten Jahren ist mein Selbstbewusstsein größer geworden. Ich habe mehr Erfahrung und Training und kann jetzt andere Dinge realisieren als noch vor ein paar Jahren. Viele Kiter, Surfer aber auch andere Sportler von ganz anderen Sportarten inspirieren mich. Es geht gar nicht so sehr darum, was du machst, sondern wie du es machst. Leute, die Probleme mit Kreativität lösen,
inspirieren mich zum Beispiel. Oder Kiter, die einen kreativen neuen Zugang zu Dingen entwickeln, die vielleicht schon ganz viele andere vorher gemacht haben.
Gibt es Kiter oder Surfer, zu denen Du als eine Art Idol aufblickst oder wer hat Dich dazu inspiriert?
Es gibt ganz viele da draußen, aber um ein paar zu nennen: Patri Mclaughlin, Niccolo Porcella, Kai Lenny, Albee Layer, Kelly Slater, Travis Pastrana und die Moore Brothers.
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