Nachdem Präsident Duterte im Frühjahr 2018 das philippinische Kite-Mekka Boracay für Aufräumarbeiten zusperrte, mussten sich die Kiter nach Alternativen umschauen. Kathrin Borgwardt ist Philippinen-Expertin, betreibt dort eigene Stationen und kennt sich bestens auf dem Inselarchipel aus. Fündig geworden ist die Deutsche auf Mindoro. Für KITE schildert sie ihren ersten Trip nach Bulalacao.
Goodbye Boracay - Hello Bulalacao!
Frankfurt – Jeddah – Manila – Mindoro; die Anreise ist genauso lang wie lohnenswert. Denn was uns am Ziel erwartet, hätten wir uns kaum besser erträumen können. Am Flughafen springen wir ins Taxi, es geht mit einem Affenzahn nach Bulalacao. In dem Städchen ist allerdings nicht Endstation. Hinunter von der Hauptstraße und rein in die faszinierende Natur: Wir passieren Reisfelder, Bambushaine, Bananen- und Melonenplantagen. Die Einheimischen winken freundlich vom Wegesrand zu uns hinüber. Nach 18 km sind wir endlich am Ziel – der neueste Kitespot der Philippinen heißt Bislig Beach und liegt am Amansinaya Resort, nahe des Fischerdörfchens Balatasan. Kaum zu glauben, dass Boracay mit seinen überfüllten Stränden nur drei Stunden mit der Schnellfähre entfernt liegt. Hier sind wir fast allein. Die Straße zum Resort führt steil vom Berg hinunter zu einer grünen Wiese, bis sie schließlich an einer Bucht mit perlweißem Sandstrand, gesäumt von sanft wippenden Palmen, mündet. Sofort fällt unser Blick auf den traumhaften Flachwasserspot, der geschützt von einem Außenriff noch ungenutzt da liegt. Zunächst werden wir vom Hotelteam herzlich begrüßt, es gibt einen Kokosnuss-Drink und ein leckeres Frühstück. Für die Spoteinweisung sind wir kaum mehr aufnahmefähig; der Jetlag knallt uns die Lieder vor den Augen zu. Zu gern möchten wir noch den Blick über den Strand von unseren Bungalows aus genießen, doch die Betten sind in diesem Moment Sehnsuchtsziel Nummer eins.
Eine Insel, drei Hunde, ein Herrchen
Der nächste Morgen begrüßt uns mit strahlend blauem Himmel und einer guten Briese. Sofort meldet sich die Kite-Gier in mir. Vom Bett zum Strand sind es gerade einmal 20 Meter, doch selten habe ich mich so beeilt, um aufs Wasser zu kommen. Perfekter Wind, die Sonne scheint, flaches Wasser und gähnende Leere. In diesem Moment habe ich mich zum ersten Mal in den Spot verliebt. Doch wir sind zum Entdecken gekommen und wollen uns nicht mit der einen Bucht zufriedengeben. Denn ich wusste bereits von meinen vielen Kite-Safaris, dass sich die Region für Downwinder eignet. Unser erster Tagestrip führt uns nach Liwagao und Nagubat Island – zwei außergewöhnliche Inseln ohne Strom und Leitungswasser. Hier gibt es nur weißen Sandstrand und eine riesige Flachwasserlagune, gefüllt mit kristallklarem Wasser sowie ein paar neugierige Locals. Die knapp 20 Kilometer Downwindstrecke bis Liwagao sind eine sportliche Herausforderung, aber für sichere Kiter gut machbar. Anfänger fahren vom nahegelegenen Fischerdorf Balatasan mit dem Boot dorthin. Nach einer ausgiebigen Lagunensession starten wir eine Stunde später zur zweiten Etappe. Acht Kilometer geht es auf Raumschotkurs in Richtung Nagubat Island. Auf Nagubat wohnen drei Hunde und ihr Herrchen – mehr nicht. Das extra für uns vorbereitete BBQ wirkt in dieser Szenerie fast surreal, doch die Stärkung ist uns nach dem langen Kite-Tag sehr willkommen. Im Sonnenuntergang geht es anschließend mit dem Boot zurück zum Resort.
Am folgenden Tag ist zunächst Entspannung angesagt. Wir brechen früh morgens mit dem Tricycle auf zu einem Wasserfall mitten im Dschungel Bulalacaos. Das Bad im Natur-Pool unterhalb der herabbrausenden Wassermassen erfrischt und ersetzt die Morgendusche. Zurück im Camp erwartet uns bereits das Mittagsbuffet: Bananenblüten, Chicken Adobo, Fish sweet and sour, Suppe, Reis und ein Stück Melone füllen unsere Batterien auf für den nächsten Kitetrip nach Aslom Island. Mit dem Auto geht es zu einem Hafen hinter Bulalacao, von dort mit dem Boot zur Insel. Hier treffen wir auf eine schöne Mischung aus moderaten Wellen und Flachwasser und genießen den Nachmittag in vollen Zügen.
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Man nimmt, was man bekommt - und ist glücklich
Wer keine Lust auf Kiten hat, kann sich die Zeit wunderbar mit anderen Dingen vertreiben. Für die frühen Vögel geht es um sechs Uhr mit dem Team zum morgendlichen Einkauf nach Bulalacao. Kein Supermarkt weit und breit, dafür unzählige kleine Stände mit frischem Fisch, Gemüse, Huhn und Schwein. Hier treffen wir auf die Mangyan, die Ureinwohner der Insel, mit ihren rot gefärbten Zähnen und bunten Trachten. Sie kommen kilometerweit aus den Bergen zum Markt gelaufen, um dort ihre Produkte feilzubieten. Was den besonderen Reiz des Marktes ausmacht, kann strukturgewohnten Mitteleuropäern zunächst merkwürdig vorkommen. Verkauft wird, was im Netz oder unterm Metzgerbeil landet. Manchmal ist das Angebot reichhaltig, manchmal sehr überschaubar. Hier geht es darum zu akzeptieren, dass nicht alles so läuft wie geplant. Wer etwas Willen zur Flexibilität mitbringt, wird glücklich mit dem, was man bekommt.
Die Region ist im Vergleich zu einigen touristisch arg überlaufenen Ecken auf den Philippinen sehr ursprünglich. Wer abseits der üblichen Touristenpfade Urlaub machen möchte, kann hier viele spannende Dinge erleben. Unvergesslich ist die Stand Up Paddle-Tour, bei der wir auf Bulalacaos Fluss durch die Mangroven in den Sonnenuntergang paddeln. Oder man klettert auf einen der vielen Berge, die weite Ausblicke und malerische Sonnenauf- und Untergänge zeigen. Insidertipp: Die Besteigung des Mount Iglits mit einer Übernachtung im Camp nahe unterm Gipfel. Wer nicht so gerne läuft, erkundet die Berge stattdessen bei einer Offroad-Motorradtour. Die Tour führt bis zu den Stammessiedlungen der Mangyan. Wir entdecken außerdem kleine, verlassene Inseln wie Sugicay, Tambaron und Buyayao mit ihren Kitespots, Höhlen und Riffen. Und überall erleben wir die Fröhlichkeit der Menschen. Die Einheimischen besitzen in der Regel wenig, sagen von sich selbst aber, dass sie glücklich seien. Da hier irgendwie jeder ständig zu lächeln scheint, muss da wohl was dran sein. Die allgemeine Fröhlichkeit ist jedenfalls ansteckend – sie hält bis zur letzten Minute unserer Reise an. Daran kann selbst die lange Rückreise nichts ändern.
Gut zu wissen
Anreise: Flug nach Manila und dann Inlandsflug mit Cebu Pacific Air nach San Jose Mindoro. Alternativ über Singapur oder Kuala Lumpur weiter per Direktflug nach Kalibo (Flughafen Boracay) und von Caticlan drei Stunden mit der Schnellfähre nach Bulalacao
Beste Reise- und Windzeit: November bis Mitte April (s.a. Windstatistik für Mindoro bei Windguru).
Visum: 4 Wochen kostenlos bei Einreise am Flughafen
Geldautomaten: sind rar auf Mindoro. Es gibt nur einen in Bulalacao, also besser ausreichend Euro, Dollar oder Pesos in bar mitnehmen.
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