Wir sind glücklicherweise mit herausragenden Kite-Spots gesegnet, für die wir weder in ein Flugzeug steigen noch eine Grenze passieren müssen. Nord- und Ostsee bieten Abwechslung pur – genau wie die zahlreichen Binnenreviere. Es muss eben nicht immer Fehmarn oder St. Peter-Ording sein - abseits der bekannten Hotspots findet man sogar noch erstaunlich ruhige Ecken mit viel Platz auf dem Wasser. Wir haben unsere local Lieblings-Spots der Redaktion in Deutschland, Österreich und der Schweiz von West nach Ost und von Nord nach Süd zusammengetragen.
Ostfriesland: Watt is’ dat schön!
Immer wieder faszinierend, wie schön die deutsche Nordseeküste ist – und wie wenig hier stellenweise gekitet wird. Auf den Inseln von Juist bis Wangerooge findet man kilometerlange Sandstrände und genießt unendlich viel Platz auf dem Wasser. Als die „Karibik Ostfrieslands“ haben wir das irgendwann mal liebevoll betitelt. Auch das Festland hat für Kiter zwischen Hooksiel und Norddeich viel Reizvolles zu bieten. Spots für jede Windrichtung in einer Stunde Umkreis, unzählige Ferienwohnungen, Campingplätze und Hotels sowie touristisches Entertainment en masse. Selbst vier Wochen Sommerurlaub bekommt man hier locker rum. Höchstens das launische friesische Wetter kann einem die Stimmung hin und wieder vermiesen.
PRO: Große Spot-Auswahl von Flachwasser bis Welle und meistens viel Platz auf dem Wasser
KONTRA: Während der Ferienzeit von nicht kitenden Touristen überlaufen
Büsum: Freestyle-Hotspot Perlebucht
Es lohnt sich, auf dem Weg nach SPO vor der Halbinsel Eiderstedt bei Heide den Blinker zu setzen. Büsum schlief aus Kiter-Sicht lange einen Dornröschenschlaf, doch mittlerweile wurde es wach geküsst. Die kleine Perlebucht ist tatsächlich eine Perle, denn in der Nordsee findet man kaum woanders solche perfekten Flachwasserbedingungen. Allerdings ist die XXL-Badewanne nicht für die Heerscharen von Kitern ausgelegt. Da ist es praktisch, dass sich nur ein paar Schritte entfernt mit dem Wattenmeer ein riesiges Freeride-Revier auftut. Im Sommer tummeln sich viele Badegäste an der künstlich angelegten Lagune. Dafür bietet der Ort eine gute touristische Infrastruktur. Und falls man sich hier doch zu einsam auf dem Wasser fühlt, fährt man ruckzuck mal eben nach SPO..
PRO: Top Freestyle-Spot in der Perlebucht
KONTRA: Alle östlichen Windrichtungen funktionieren hier schlecht bis gar nicht
Salzhaff: deutsche Gemütlichkite
Mecklenburg-Vorpommern steht Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Bezug auf seine Kite-Vielfalt in nichts nach. Eher im Gegenteil: Entlang der gesamten Küste finden sich reihenweise Kite-Juwelen. Genau so eins ist die Wismarer Bucht mit dem angrenzenden Salzhaff. Die Bucht nördlich von Wismar ist beliebt wegen ihrer guten Flachwasserbedingungen. Zwar gibt es ebenfalls viel Tourismus, doch hier ist nicht alles so schickimicki, mondän und mit Hotelburgen zugepflastert. Die Region ist perfekt für Campingurlaub im Bulli oder Wohnmobil geeignet. Besonders das Salzhaff zwischen Boiensdorfer Werder und Rerik ist bei Kitern beliebt. Und wenn kein Wind ist, hat man mit Lübeck, Wismar und Rostock drei überaus sehenswerte Städte in der näheren Umgebung.
PRO: Großflächige Spots, gute Flachwasserbedingungen
KONTRA: Für viele Kiter kein Geheimtipp mehr, aber trotzdem meistens noch deutlich leerer als Fehmarn oder Rügen
Fischland-Darß-Zingst: malerische Ostsee
Die schmale Halbinsel und ihre umliegende Boddenlandschaft formen unserer Meinung nach einen der landschaftlich reizvollsten Küstenabschnitte Deutschlands – der noch dazu himmlische Kite-Bedingungen zu bieten hat. Erich Honecker ging im Darßwald gern auf die Jagd, wir jagen lieber dem Wind hinterher. Ob man sich in der offenen Ostsee in der Welle austoben oder in den flachen, geschützten Boddengewässern austoben will, auf wenigen Kilometern findet man dort alle Möglichkeiten. Natürlich zieht die Region auch nicht kitende Touristen scharenweise an. Wer es etwas ruhiger und günstiger mag, übernachtet an der Ostseite des Saaler Boddens.
PRO: Traumhafte Küstenlandschaft und abwechslungsreiche Kite-Spots in der nahen Umgebung
KONTRA: Touri-Hotspot während der Ferienzeit
Ost-Rügen: mondäne Inselromantik
Rügen ist neben Fehmarn Deutschlands beliebteste Wassersportinsel. Dementsprechend herrscht an den Flachwasser-Spots gerade auf der Westseite von Frühjahr bis Herbst Hochbetrieb. Mehr Normalo-Touristen, aber dafür in der Regel weniger Kiter findet man am südöstlichen Zipfel der Insel. In den mondänen Seebädern Binz, Sellin, Baabe und Göhren tummeln sich Kurgäste, Rentner und Familien und futtern die Fischbrötchenstände leer. Dazwischen findet man immer wieder herrliche Sandstrände, an denen weniger los ist und wo es sich gerade bei Ostwind vorzüglich kiten lässt. Naturbelassener und ruhiger geht es auf der Halbinsel Mönchgut zu. Tipp: Am Hafen in Gager gibt es einen netten kleinen Wohnmobilstellplatz direkt am Wasser.
PRO: Tolle Ostwind-Spots und meist weniger Betrieb auf dem Wasser als an der Westseite Rügens
KONTRA: Die spezielle Mischung aus mondänem Seebadschick vergangener Tage und einem Hauch übrig gebliebener Ostalgie muss man mögen
Brombachsee: bayerischer Tagestrip-Tipp
Binnenseen werden ja gern mal unterschätzt. Klar, die Windwahrscheinlichkeit ist bei den meisten Binnenrevieren überschaubar, und wenn mal Wind ist, dann ist es böig wie Pony und bumsvoll auf dem Wasser. Mag alles stimmen, doch wie geil ist es eigentlich, dass man auch als Süddeutscher ohne ein Meer vor der Haustür mal eben für ein paar Stunden kiten gehen kann? Spätestens wenn man ein paar Wochen nicht auf dem Wasser war, kitzelt es in den Füßen, sobald die ersten Blätter in den Bäumen rascheln. Südlich von Nürnberg im Fränkischen Seenland liegt der Brombachsee. Durch seine günstige Exposition ziehen sowohl West- als auch Ostwind relativ frei über den See. Die leicht erhöhten Ufer bilden stellenweise eine Düse und beschleunigen den Wind. Deshalb kann sich die Fahrt lohnen, auch wenn die Vorhersage mal wieder nicht so rosig aussieht. Ostwind funktioniert in Ramsberg gut, bei West fährt man ans gegenüberliegende Ufer nach Allmannsdorf.
PRO: Ost-West-Exposition und leichter Düseneffekt, der den Wind verstärkt
KONTRA: Nicht für Einsteiger geeignet
TIPP: noch mehr Kite-Spots in Bayern gibt es hier
Silvaplana: Hochgenuss in den Schweizer Alpen
Ein typischer Thermik-Spot in den Bergen darf in unserer Liste natürlich nicht fehlen. Davon gibt es in den Alpen sogar sehr viele, allerdings gilt der Silvaplanersee nun einmal als so etwas wie das alpine Epizentrum innerhalb der Schweizer Kite-Community. Im Winter wird auf dem gefrorenen See gesnowkitet. Sobald der Schee abgetaut und der See wieder flüssig ist, tauschen die findigen Schweizer ihre Ski und Snowboards gegen Twintips und Foils. Oder man macht es wie Ben Beholz, der während des Lockdowns die Zeit der Schneeschmelze nutzte, um den See einmal ganz für sich allein zu haben. Wie es sich mit nackten Füßen in einem Eisloch kitet, kann man auf Bens Youtube-Kanal herausfinden. Bei gutem Wetter funktioniert das Thermiksystem des Sees verlässlich wie ein Uhrwerk. Das atemberaubende Bergpanorama macht das Erlebnis perfekt.
PRO: Hohe Windwahrscheinlichkeit und tolles Panorama
KONTRA: Der See ist auch im Sommer arschkalt und wegen der geringen Luftdichte auf 1.800 Metern Höhe braucht man größere Kites
Neusiedler See: Wenn ich den See seh, brauch ich kein Meer mehr…
Was wäre die österreichische Kite-Szene ohne den Neusiedler See? Hier haben schon Tausende Kiter ihre ersten Versuche gemacht – und die kamen nicht alle aus dem nahe gelegenen Wien. Der See ist durch seine reizvolle Landschaft und das warme Klima bei vielen Touristen beliebt. Besonders die Campingplätze platzen im Hochsommer aus allen Nähten. Für Kiter ist der See wegen seiner hohen Windausbeute ein Eldorado. Wer eine Woche oder länger einplant oder für den Notfall Leichtwindmaterial oder ein Foil einpackt, wird sicherlich auf seine Kosten kommen.
PRO: Sommerliches Klima und gute Kite-Bedingungen
KONTRA: Nicht nur die Kite-Spots am See
sind in der Regel überlaufen
TIPP: Unseren ausführlichen Reisebericht zum Neusiedler See gibt es hier
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